Schneepflanze mit roten
Schuppenblättern in der
Mt. Rose Umgebung nahe Reno in Nevada, Juni 2010
Wie ihr Name andeutet, erobern
Schneepflanzen
(Sarcodes sanguinea) sich im Frühling den
Waldboden, wenn die letzten Schneepolster nach und
nach wegschmelzen. Diese Pflanzen aus der Familie der
Heidekrautgewächse trifft man in schattigen Gegenden
alpiner Habitate im Nordwesten Amerikas an; zum Beispiel in
mittleren und hohen Lagen der Sierra Nevada. Schneepflanzen
haben keine grünen Blätter. Sie werden leicht
erkannt aufgrund ihrer
blutroten Schuppenblätter und den tubularen Blüten,
die sich an einem klebrigen, roten Stiel befinden. Oft wachsen
Schneepflanzen in Gruppen zusammen auf tannenzapfenbedecktem
Waldboden [1-3]. Das Wildpflanzen-Handbuch
Field Guide to Wildflowers of the Western Region
kommentiert unsere Begegnung mit Schneepflanzen wie folgt:
»Einmal gesehen, vergisst man diese Pflanze nie mehr;
das brilliante Rot im gefilterten Sonnenlicht gegen den
dunklen Hintergrund des Waldes ist nachhaltig
beeindruckend.«
(Richard Spellenberg, 2001 [3];
ins Deutsche übersetzt von Axel Drefahl).
Verna R. Johnston fasst die Ökologie der Schneepflanze
in ihrem Buch mit dem Titel
Sierra Nevada Naturalist's Companion treffend zusammen:
Gruppe von Schneepflanzen in der
Nähe des Brockway Passes zwischen
dem Tahoe See und Truckee in Kalifornien ,
Mai 2007
»Ihr dicken, fleischigen Stiele, bedeckt mit
rötlichen Schuppenblättern und
überfüllt mit glockenförmigen, karmesinroten
Blüten, brechen durch den Waldboden, sobald der Schnee
wegschmolzen ist. Manchmal sind zwei und gelegentlich bis zu
zweiundzwanzig Stiele vergesellschaftet. Ohne grüne
Blätter kann die Schneepflanze ihre Nahrung nicht selbst
erzeugen, wie es chlorophyllhaltige Pflanzen tun. Sie ernährt
sich von organischen Zerfallsprodukten im Boden. Dies geschieht
auf indirektem Wege mittels mikroskopisch kleiner
Pilze, die ihre Wurzeln vollständig bedecken. Schneepflanze
und Fungi gehen eine symbiotische Mykorrhiza (Wurzelpilz) Beziehung
ein. Wenn sich der Frühling dem Ende nähert,
produzieren die Blüten kleine, rote, murmelähnliche
Kapseln. Bis zum September hat die Mutterpflanze dann eine
oder mehrere unterirdische Jungpflanzen entwickelt, die nur
darauf warten, im Frühling des nächsten Jahres
hervorzusprießen.«
(Johnston, V. R., 1998 [4];
ins Deutsche übersetzt von Axel Drefahl).
Der zitierte Text hebt das Leben der Schneepflanze als
Saprophyt (Fäulnisbewohner)
hervor, der von abgestorbenen organische Substanzen und Fungi
lebt. Die symbiotische Beziehung ist eine Dreiseitige, da das
Gedeihen der Schneepflanze sowohl von den Wurzelpilzen wie auch
von benachbarten Bäumen abhängt, die den
gebundenen Kohlenstoff liefern [5].
Sarcodes sanguinea ist eine
nicht-photosynthetisierende,
mykoheterotrophe Pflanze aus der Ericaceae-Unterfamilie
Monotropoideae. Die Verteilung
von Schneepflanzen beschränkt sich auf bestimmte
nordwestamerikanische Gebirgsketten wie die Sierra San Pedro
Mártir des nördlichen Südkaliforniens
(im Nordwesten von Mexiko) und auf Gebirge in Kalifornien und
Südoregon.
Die weltweite Vielfalt von Saprophyten (siehe z. B.
saprophytic plants) schließt mehrere
kalifornische Arten ein: neben der Schneepflanze insbesondere
»Kieferntropfen« (Pterospora andromedea),
Fichtenspargel (Monotropa hypopitys),
»Indianerpfeife« (Monotropa uniflora),
»Zuckerstock« (Allotropa virgata),
»Zwergpflanze« (Hemitomes congestum) und
»Kalifornischer Kiefernfuß« (Pityopus
californicus).
Schneepflanzen trifft man auch in gewissen Gebieten im Nordwesten
von Nevada an. Die Nadelholzwälder um den Berggipfel
Mt. Rose im Carson Range zwischen dem Tahoe See
und den Zwillingsstädten Reno und Sparks sind eine ideales
Bergwandergebiet, in denen man erfolgreich nach Exemplaren suchen
kann.
Schneepflanze mit tubulare
Glockenblüten im Mt. Rose
Gebiet bei Reno, Juni 2010
Der wissenschaftliche Artenname
Sarcodes sanguinea
leitet sich aus dem griechischen Kompositum Sarcodes
und dem lateinischen Adjektiv sanguineus ab:
Sarcodes bedeuted »fleischähnlich«
(sarx für »Fleisch« und
oeides für »ähnlich« (siehe
calflora.net) und sanguineus bedeuted
»blutrot« (siehe calflora.net).
Die Schneepflanze ist ein beeindruckendes Gewächs, das
ich als Logo-Pflanze für meinen Twitter-Mikroblog
Traveling Ahead
(@TravelingAhead) ausgewählt habe.
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Quellenangaben
[1] |
Laird R. Blackwell:
Tahoe Wildflowers.
Morris Book Publishing, LLC,
Falcon Guide, Guilford,
Connecticut,
2007, S. 47.
|
[2] |
Peter Alden und Fred Heath:
Field Guide to California.
Chanticleer Press, Inc.,
New York,
1998, S. 32.
|
[3] |
Richard Spellenberg:
Northern American Wildflowers,
Western Region.
Alfred A. Knopf, Inc.,
New York,
2001, S. 618.
|
[4] |
Verna R. Johnston:
Sierra Nevada, The
Naturalist's Companion. Revised Edition
University of
California Press,
Berkeley and
Los Angeles,
1998, S. 87.
|
[5] |
M. I. Bibartondo,
A. M. Kretzer, E. M. Pine und T. D. Bruns:
High root concentration and
uneven ectomycorrhizal diversity near
Sarcodes sanguinea (Ericaceae): A cheater that
stimulates its victims?
American Journal of Botany
2000,
87
(12),
S. 1783-1788.
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