Lektorat
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Indirekte Zitate

Im Gegensatz zum direkten Zitat gibt ein indirektes Zitat eine Textstelle nicht wörtlich sondern sinngemäß wieder. Oft stellt ein indirektes Zitat die Zusammenfassung eines Sachverhalts dar, der im ursprünglichen Text wesentlich genauer ausgeführt worden ist.

Wir geben ein Beispiel für solch ein »implodiertes« Zitat:

   »Seepferdchen sind sehr gefräßig; aber sie jagen nicht, sondern lauern 
   ihrer Beute auf.« [1]
Der Originaltext, auf den Bezug genommen wird, ist nachfolgend als direktes Zitat wiedergegeben:
   »Alltag heißt für die Seepferdchen: herumhängen und warten, bis die Natur 
   den Tisch deckt. Von hektischer Betriebsamkeit bei den Mahlzeiten halten 
   sie überhaupt nichts. Wer jedoch glaubt, dass sie sich mit ihrem langen 
   Wickelschwanz von Halm zu Halm ringeln und genügsam das eine oder 
   andere Tierchen verspeisen, irrt. Seepferdchen sind unglaublich gefräßig,
   und sie lauern ihrer Beute höchst aufmerksam auf. Totes Getier lässt die 
   ewig Hungrigen kalt, ihnen schmeckt nur lebende Nahrung - und zwar in 
   Massen. Ein zwei Wochen altes Seepferdchen kann in zehn Stunden 
   locker drei- bis viertausend Minigarnelen vertilgen.« [1]
    

Das obige indirekte Zitat beschreibt in einem zusammengesetzten Satz eine Beobachtung, deren Wiedergabe wir sicher auch in anderen Quellen ähnlich knapp formuliert oder eben auch in detaillierter Form auffinden können. So stellt sich die Frage, ob wir korrekterweise diese Quellen aufspüren und in die Zitation einbeziehen sollten, oder ob wir ganz auf eine Zitation verzichten und das Wissen um diese Beobachtung als Allgemeinbildung betrachten. Diese Frage lässt sich allgemein nicht beantworten. Sie muss im Kontext der eigenen Arbeit abgewogen werden. Wenn Erkenntnisse über die Ernährungsweise von Seepferdchen ein wichtiger Bestandteil der eigenen Arbeit ausmachen, ist eine tiefgreifende Recherche mit entsprechender Bezugnahme und angemessenem Zitieren sicher notwendig. Andernfalls wird man das »indirekte Zitat« als Allgemeinwissen in den eigenen Textfluss ohne Anführungszeichen (bzw. Guillemets) und ohne Zitation eingliedern. Möchte man seinen Lesern die lebendige Beschreibung von Ute Schmidt im passenden Zusammenhang mit dem eigenen Inhalt nicht vorenthalten, so fügt man sie als direktes Zitat ein.




Quellenangabe

[1] Schmidt, Ute: Ein Fisch aus dem Wunderland. mare, No. 21, August/September 2000, S. 42-55 (siehe S. 52).


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